„Wow, da bekomme ich jedes Mal Gänsehaut!“ Lina legt den Kopf in den Nacken und lacht: „Eine perfekte Erdbeere nach der anderen.“ Die 28-Jährige steht in einer Produktionshalle. Vor ihr ein Regal mit 17 Etagen roten Erdbeeren. Es ist an die 22 Grad warm. Hummeln fliegen vorbei.
Lina Steinbrink arbeitet beim Startup vGreens in Essen. Wo früher der Kohleabbau zuhause war, baut das Unternehmen heute in einer vertikalen Indoor-Farm ganzjährig Erdbeeren an. Dank smarter Überwachung holt das Team das Maximum aus den Früchten raus – die Pflanzen kriegen rund um die Uhr genau das, was sie brauchen. Schlechter Geschmack oder faule Ernten? Gibt’s hier kaum noch.
Hochgestapelt und ohne Pestizide
Gerade in Städten und Ballungsräumen können vertikale Farmen ein echter Gamechanger sein. Sie brauchen wenig Platz, sparen Ressourcen wie Wasser oder Dünger und kommen ohne Pestizide aus. Auch lange Transportwege sind passé. Du willst kleine, süßere Erdbeeren? Kein Problem! Größe und Geschmack sind auf Knopfdruck anpassbar. Die Pflanzen bekommen immer exakt die richtige Dosis an Nährstoffen und Mineralien, die zum gewünschten Ergebnis führen. Ein großer Vorteil gegenüber der herkömmlichen Landwirtschaft: Dort muss ordentlich gedüngt werden. Das schadet nicht nur dem Acker und Grundwasser, sondern auch der Erdbeere selbst. Wer beißt schon gerne in matschige oder harte Früchte?
Obstanbau zu jeder Jahreszeit
Nicht nur Erdbeeren fühlen sich im Hochformat wohl. Grundsätzlich klappt das mit allen Pflanzen. Der Clou dabei: Die vertikalen Landwirt*innen bauen ihr Obst und Gemüse das ganze Jahr über an – und erzielen damit eine viel größere Ausbeute als auf dem Feld. Hier ein Beispiel, wie krass die Unterschiede sind: Laut vGreens werden pro Quadratmeter auf 17 Etagen jährlich 60 Kilogramm Erdbeeren geerntet. Auf dem Feld kommt auf derselben Fläche weniger als ein Kilo pro Jahr rum.
Noch ist der Kostenfaktor eine Herausforderung. Denn der Bau der Hightech-Anlagen ist teuer. Zudem wachsen die Pflanzen in künstlichem Licht und bei durchgängiger Belüftung heran. Entsprechend hoch ist der Stromverbrauch. Was die Umweltbilanz angeht, kommt noch ein Punkt dazu: Damit die vertikale Landwirtschaft nachhaltig ist, braucht es ausreichend Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind oder Sonne.
Skygreens: echte Planetenhelden
Weltweit gewinnt die vertikale Landwirtschaft spürbar an Bedeutung. Kein Wunder: Dem globalen Bevölkerungswachstum stehen zu wenig landwirtschaftliche Flächen und häufigere Extremwetter gegenüber. Hier kommt das absolute Super-Feature der vertikalen Farmen ins Spiel: Platz nach oben ist (fast) immer. Sie produzieren auf einer geringen Fläche große Mengen an Obst und Gemüse. Und das unabhängig vom Wetter, 365 Tage im Jahr. Ihren Erntekorb hat Lina ohnehin jederzeit griffbereit. Fazit: Beste Aussichten für die Senkrechtstarter!